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Exkursion in den Zagreber Stadtraum entlang der Dortmunder Stadtbilder
Ein Projekt von stadtraum.org

New Relations: Peripherie und Zentrum
Strukturen und Institutionen des globalisierten Kapitals durchziehen und markieren europäische Städte in Ost und West. Spezifische lokale Qualitäten verschleifen sich im internationalen Städtewettbewerb. Zeitökonomien synchronisieren sich in geografisch weit voneinander entfernten Räumen mit vergleichbarer wirtschaftlicher Entwicklung und spalten sich zwischen benachbarten Stadtquartieren in Stillstand und überdrehte Hektik. Stadtzentren werden zu Visitenkarten, die touristisch vermarktbare Einzigartigkeit in räumlicher Konzentration feilbieten. Darum herum gruppiert sich eine ausfransende, multizentristische Peripherie, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandlungs- und Wanderungsprozesse unterhalb der Aufmerksamkeitsgrenze kommunalen Gestaltungswillens ungefiltert abbildet.

Räume permanenter Veränderung
Das Projekt „Discovering Zagreb (via Dortmund)” interessiert sich für die städtische Randlage und ihre alltägliche Lebenswirklichkeit. Dort, wo die funktionale und räumliche Entflechtung urbane Verdichtung ersetzt und wo historische Stadträume und -bilder als Merk- und Identifikationszeichen nicht mehr zur Verfügung stehen, findet Orientierung anhand eines städtischen Vokabulars statt, das als Kartographie des Alltäglichen bezeichnet werden könnte. In Räumen permanenter Veränderung, in denen offizielle und informelle Be-Zeichnungen ebenso unvermittelt verschwinden können, wie komplette architektonische Großstrukturen, dort wo die Verlagerung einer Produktionszone von einem Tag auf den anderen ein Terrain der Unbestimmtheit hinterlässt und nebenan innerhalb weniger Wochen ein Megashop hochgezogen wird, soll dem alltäglichen Gebrauch dieser räumlich und zeitlich entgrenzten Zonen nachgespürt werden, der in den subtilen Details ihrer Gestalt sichtbaren Ausdruck findet.

„Alle Elemente, egal woher genommen, können Gegenstand neuer Zusammenhänge werden.”1
Ausgehend von der Frage, wie etwas gemacht wird, enthüllt der – am Alltag organisierenden Potential des Nebensächlichen – interessierte Blick subtile Details, die Ergebnisse eines gewohnheitsmäßigen Handelns sind, als Spuren städtischer Praxis, die von Zagreb bis nach Dortmund führen könnten. Wie parkt man ein Auto? Mit welchen Farben werden Häuser gestrichen? Woran erkennt man eine Bushaltestelle? Wie sieht ein Spielplatz aus, wie das Absperrgitter oder der Gartenzaun, Briefkästen, Straßenmarkierungen, Parkbänke, Skateboardrampen, Laternenmasten und so weiter? Und wie und auf welche Weise werden sie benutzt innerhalb eines Handlungsrahmens, der sich außerhalb ihrer unmittelbaren Funktionalität befindet?

Während einer Exkursion nach Zagreb werden wir, mit einem touristischen, an der Kenntnis Dortmunds und des Ruhrgebiets trainierten Blick, städtische Alltagspraxis in Zagreb beobachten und dokumentieren. Im Format einer Stadtführung durch Zagreb in Dortmund wird anhand der in Zagreb recherchierten und hier wieder gefundenen Merkzeichen eine »Mind-Map« der Stadt Zagreb vorgestellt. Orts- und Situationsbeschreibungen werden anhand des in Zagreb recherchierten Materials entwickelt und auf Dortmund übertragen. Die Exkursion wird als touristische Führung durch Zagreb kommuniziert und in deutscher und kroatischer Sprache angeboten.2 Im Anschluss erscheint ein Stadtführer, der Zagreber und Dortmunder Stadtbilder verknüpft, Beschreibungen in deutscher und kroatischer Sprache enthält sowie die Exkursion zum individuellen Nachvollzug darstellt und dokumentiert.

1 G. Debord/ G. Wolman, »Gebrauchsanweisung für die Zweckentfremdung«, in: G. Debord/ G. Wolman, Les Lévres nues, Nr. 8, Mai 1958

2 In Dortmund leben ca. 1850 KroatInnen. Kroatische Kulturinstitutionen in Dortmund sind der Kroatischer Gesprächskreis der Auslandsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. und der Kroatische Verein Hrvatski Centar NK Zagreb 75. An der Dortmunder Universität und der Fachhochschule Dortmund studieren ca. 50 Student/innen kroatischer Herkunft.