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IRWIN
Die Gruppe IRWIN wurde im slowenischen Ljubljana gegründet. Zu ihren Mitgliedern zählen Dušan Mandic (geboren 1954 in Ljubljana), Miran Mohar (geboren 1958 in Novo Mesto), Andrej Savski (geboren 1961 in Ljubljana), Roman Uranjek (geboren 1961 in Trbovlje) und Borut Vogelnik (geboren 1959 in Kranj).
Zusammen mit der Musikgruppe „Laibach“ (gegründet 1980), der Theatergruppe „Gledališce Sester Scipion Nasice“ (gegründet 1983), später bekannt unter dem Namen „Kozmokineticni Kabinet Noordung“, und der Designerschule „Novi Kolektivizem“ gehört IRWIN zum harten Kern des Künstlerkollektivs Neue Slowenische Kunst (NSK), das 1984 in der Republik Slowenien, damals noch Teil der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, ins Leben gerufen wurde.
Gemeinsam mit den anderen Gruppen der NSK bekennt sich IRWIN zum sogenannten ‘Retro-Prinzip’. Dieses ist „weder ein Kunststil noch ein Kunsttrend, sondern vielmehr ein Denkprinzip, eine Form des Verhaltens und Handelns“ (IRWIN)
Das bedeutet genauer gesagt, dass die von IRWIN in der 1980er Jahren entwickelte Bildsprache, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ausschließlich Bildelemente enthält, in denen die west- und osteuropäische Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts zitiert wird. IRWIN greift Motive des Sozialistischen Realismus und der Kunst des „Dritten Reichs“ ebenso auf wie solche der verschiedenen politisch engagierten Avantgardebewegungen Europas, etwa des deutschen Dadaismus – in erster Linie ist hier der Künstler John Heartfield zu nennen–, des italienischen Futurismus und des sowjetisch-russischen Konstruktivismus. Aber auch Motive der religiösen Kunst und der slowenischen Kunst des 19. Jahrhunderts finden Verwendung. All diese Elemente werden mit den „Leitmotiven“ Laibachs – Adler, Hirsch, Sämann, Trommlerjunge und das schwarze Kreuz des russischen Suprematisten Kasimir Malewitsch – verbunden. Diese Motive verschiedenster Ursprünge versammelt IRWIN in komplexen, vielschichtigen Ölgemälden mit schweren Rahmen.
Seit ihren Anfängen hat sich die Gruppe IRWIN in ihren Kunstprojekten intensiv mit der osteuropäischen Kunstgeschichte auseinandergesetzt, vor allem mit dem zwiespältigen Erbe, das von der historischen russischen, aber auch der südslawischen Avantgarde und ihrer totalitären Nachfolger auf sie überkommen ist, und das heißt, sie musste die Dialektik von Avantgarde und Totalitarismus reflektieren. Nachdem die Gruppe in ihren Projekten der 1980er Jahre, deren Ziel die Aneignung ihres Erbes war, eine eigentümliche Bildsprache geschaffen hat, konzentriert sie sich seit den 1990er Jahren darauf, die Kunstgeschichte der „westlichen Moderne“ kritisch zu rezipieren und ihr die „Retro-Avantgarde“ einer fiktiven „östlichen“ Moderne gegenüberstellen. Dass es sich dabei offensichtlich um ein begriffliches Kunstprodukt handelt, soll ganz bewusst darauf verweisen, dass die westlichen kunsthistorischen Strukturen, die bis heute die zeitgenössische osteuropäische Kunst ins Abseits stellen, nicht weniger ein Kunstprodukt sind.
 
Zu Beginn der 1990er Jahre entwickelte sich das Künstlerkollektiv NSK aus einer Organisation zu einer festen Institution, in deren Rahmen IRWIN die Aufgabe des Protagonisten wie des Geschichtsschreibers wahrnahm, indem die Gruppe die nach dem Zusammenbruch des Sozialismus in Europa angestoßenen Prozesse analysierte und aufzeichnete (beispielsweise in dem Projekt „Kapital“ und dem Projekt „Moskauer Botschaft“ der NSK). 1996 entstand auf ihre Initiative hin das Projekt „Transnacionala“. Es bestand darin, dass zehn osteuropäische Künstler von der Ost- zur Westküste des nordamerikanischen Kontinents reisten, auf der Suche danach, wie der „Westen den Osten sieht“. Aus allen erwähnten Projekten gingen von Eda Čufer betreute Veröffentlichungen hervor.
Zur Zeit ist IRWIN damit beschäftigt, drei Sammlungen zeitgenössischer Kunst zusammenzustellen und am Projekt„East Art Map“ mitzuarbeiten.
Die Mitglieder der Gruppe leben und wirken in Ljubljana.